Im Rückblick
Wertschöpfen statt Wegwerfen - Zirkel.Training
Station 1 | 01. Juni 2021
Regionale Eco-Industrial Networks -
Von komplexen Beziehungen und den Vorteilen der Nähe
Mit der ersten Station des Zirkel.Trainings waren wir zu Gast an der RWTH Aachen und konnten uns über den regen Zuspruch von bis zu 51 Teilnehmenden freuen, darunter 25 Studierende der RWTH und die restlichen von vier weiteren Hochschulen in NRW.
Für ihren Vortrag stellte sich Frau Prof.‘in Dr. Martina Fromhold-Eisebith vom Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie folgende Leitfrage: Wie kann Kreislaufwirtschaft zur Lösung industrieller Umweltprobleme beitragen, unterstützt durch regionale Ansätze zu Eco-Industrial Networks bzw. Parks?
Stoffströme, Akteure, Beziehungen
Betrachtet man die vielfältigen Akteure, die an einer Wertschöpfungskette beteiligt sind, dazu die Stoffströme, welche produzierende Betriebe in Form von Inputs (Energie, Rohstoffe) und Outputs (Endprodukte, Abfälle) durchfließen, sowie schließlich die vielfältigen Beziehungen zwischen Betrieben und ihrer Umwelt, wird schnell klar: Nachhaltig-zirkuläre Produktion ist eine hoch anspruchsvolle und komplexe Aufgabe.
Ebenso vielfältig sind die Ansatzpunkte für zirkuläres Wirtschaften zwischen und in den Betrieben. Ein Beispiel für „zirkuläre“ Beziehungen zwischen Unternehmen sind die Weiterverarbeitung von Abfall- oder Nebenprodukten eines Betriebs durch einen anderen. Eine veränderte Beziehung zu den Verbraucher:innen bringt die Umwandlung des Geschäftsmodells vom Produktabsatz hin zu Servicemodellen, zum Beispiel dem Leasing. Wichtigste Erkenntnis: Ohne enge Koordination und Kooperation – zwischen Betrieben, wie auch mit Zulieferern und Kundinnen und Kunden – geht nichts.
Räumliche Nähe als Vorteil
Ein Modell, das auf räumliche Nähe bei der Kooperation zwischen Betrieben setzt, sind sog. Eco-Industrial Networks oder Eco Industrial Parks. Ziel des lokalen Zusammenschlusses ist es, Ressourcen zu schonen sowie Abfall und Verschmutzung zu minimieren und dabei in besonderem Maße diverse ökonomische wie soziale Nähevorteile zu nutzen.
Die Vernetzung kann verschiedene Vertiefungsstufen erreichen, von der Idee der Nahrungskette, welche geschlossene Stoffströme zwischen den Betrieben anstrebt, über die gemeinsame Nutzung von Diensten und Infrastruktur bis hin zur Anreizwirkung durch Vorbilder.
Die Vorteile räumlicher Nähe liegen in der Einsparung von Kosten und Zeit, z.B. durch kurze Wege, im stärkeren sozialen Zusammenhalt sowie der Identifikation mit gemeinsamen, auf die Region bezogenen Zielen nachhaltiger Entwicklung.
Das Vorzeigemodell für Eco Industrial Parks ist Symbiosis Kalundborg in Dänemark. Erfolgreiche Beratungs- und Umsetzungskonzepte sind das Ökoprofit-Modell bzw. Ökobusiness Wien.
Koryphäe auf dem Gebiet der Kreislaufwirtschaft zu Gast
Als Überraschungsgast kam Martin Kranert zu Wort, Herausgeber des Standardwerks „Einführung in die Kreislaufwirtschaft“. Er ergänzte und vertiefte in seinem Impuls zwei Aspekte:
1. Der Weg in die zirkuläre Wertschöpfung beginnt mit der Produktverantwortung der Industrie. Denn in der Produktgestaltung wird definiert, wie schnell etwas zu Abfall wird. Gegenstrategien sind hier das Design für Langlebigkeit und Reparaturfreundlichkeit, eine zeitlose Ästhetik oder auch neue Nutzungsmodelle, die Rücknahme und Aufarbeitung gleich mitdenken.
2. Die drei zentralen Strategien der Nachhaltigkeit sind auch für die Kreislaufwirtschaft essentiell:
Effizienz: Produkte mit möglichst geringem Einsatz von Stoff und Energie herstellen
Konsistenz: Übereinstimmung mit den Stoffwechselprozessen der Natur (Natur kennt keine Abfälle)
Suffizienz: Verzicht auf die Herstellung und den Konsum von Produkten. Dies ist der schwerste, aber wirksamste Weg, denn alles, was nicht erzeugt wird, belastet die Natur nicht und verbraucht keine Ressourcen.
Gruppenarbeit: Akteure & Koordinationsbedarfe
Im Workshop-Teil der Station 1 mussten dann alle ran. Anhand von kurzen Filmporträts zu den Themen Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe, Recycling von Lebensmittelabfällen und zirkulären Ansätzen in der Textilindustrie analysierten die Teilnehmer:innen, welche Akteure jeweils beteiligt sind, und entwickelten Ideen, welche besonderen Beratungs- und Koordinationsbedarfe ein regionaler Netzwerk-Ansatz für zirkuläres Wirtschaften adressieren sollte.